Historie


Historie – Aus Tradition gewachsen


Die heutige Region Ostthüringens blickt auf eine langjährige Automobilgeschichte zurück in der insbesondere der Omnibusbau eine tragende Rolle spielte und immer noch spielt.

In und um Gera ethablierten sich zahlreiche Unternehmen in dem, um die Jahrhundertwende aufstrebenden Industriezweig des Automobilbaus, die noch heute existieren und alle politischen und wirtschaftlichen Hürden im Laufe ihrer Geschichte überwunden haben. So hat beispielsweise die Firma MEFRO Räderwerk Ronneburg GmbH ihre Wurzeln in Gera/Untermhaus als “Deutsche Automobilindustrie Friedrich Hering”, gegründet 1888. Ein weiterer namenhafter Vertreter der Stadt ist Traugott Golde, der sein Unternehmen 1872 ins Leben rief und es einige Jahre später mit seinen Fahrzeugverdecken an die Spitze des europäischen Marktes in diesem Segment führte. Auch die Firmengeschichte des bekannten Omnibusherstellers Neoplan geht bis auf das Jahr 1898 zurück, als Richard Hiller in Ehrenhain bei Altenburg mit dem Bau von landwirtschaftlichen Geräten und größeren Kutschenwagen begann. Im gleichen Atemzug muss an dieser Stelle die Fritz Fleischer Karosserie- und Fahrzeug-Fabrik, ansässig in Gera/Tinz, genannt werden, die bis zu ihrer Verstaatlichung durch die DDR-Führung trotz widriger Bedingung Omnibusse und Sonderumbauten auf höhsten Niveau produzierte.

Die Wurzeln der TS Fahrzeugtechnik GmbH gehen bis in das Jahr 1946 zurück, als viele, kleinen und bis dato private Reparaturwerkstätten der Stadt zum damalig größten DDR Betrieb seiner Branche zusammengeschlossen wurden. Nachdem 1967 die letzten Arbeiten am riesigen Gebäudekomplex im heutigen Gewerbegebiet Siemensstr. in Gera/Tinz fertiggestellte wurden, konnten die über 1000 Mitarbeiter des VEB Kraftfahrzeug-Instandsetzungswerkes (KIW) ihrer Hauptaufgabe nachgehen, die in der Generalüberholung und Restaurierung von Omnibussen, vor allem der ungarischen Marke Ikarus, bestand. Dabei musste die Belegschaft mit wenig Technik und einem veralteten Maschinenpark die Fahrzeuge bis auf das Gerippe zerlegen und mit viel handwerklichen Geschick und Können neu aufbauen. Der hohe Anteil manueller Arbeit bedingte die Ausbildung und Förderung von vor allem Schlosser-, Sattler-, Karosserie-, Elektrik- und Lackier-Facharbeitern, die bald die Basis für einen qualifizierten Mitarbeiterstamm darstellten.

Nach dem Fall der Mauer kam es dann auf der Leipziger Herbstmesse 1990 zur Kontaktaufnahme mit dem westdeutschen Bushersteller Ernst Auwärter aus Steinenbronn, aus der sich eine kontinuierliche Zusammenarbeit entwickelte. Wichtige Voraussetzung dafür war der in Gera vorhandene qualifizierte Facharbeiterstamm. Durch diese Kooperation avancierte das ehemalige KIW zu einem Stützpunkt für die neuen EA-Kunden (EA = Ernst Auwärter) in den osteuropäischen Ländern. Darüber hinaus lief im neu gegründeten Unternehmen EA Karosserie und Fahrzeugbau Gera die Produktion der EA-Kleinbustypen Economy, Sunny und Microstar an. Durch einen zielgerichteten Erfahrungsaustausch mit dem EA-Stammwerk in Steinenbronn hatten die Geraer Mitarbeiter Gelegenheit, neue Produktionstechniken und Materialien unter Zugrundelegung internationaler Qualitätsmaßstäbe kennen zu lernen.
Nach Investitionen von rund 2,5 Millionen DM zur Renovierung bzw. Erweiterung der bestehenden Hallen, Anschaffungen von modernen Maschinen und Ausbau des Sozial- und Verwaltungstraktes konnte, nicht zuletzt durch die hohe Einsatzbereitschaft und Motivation seitens der inzwischen 76-köpfigen Belegschaft, 1992 mit der rationellen Kleinbusproduktion begonnen werden und somit der erste Minibus “Made in Gera” vom Typ Microstar eine viel beachtete Weltpremiere auf der internationalen Automobilausstellung für Nutzfahrzeuge in Hannover feiern.
Reine Produktionsstätte zu sein, reichte dem aufstrebenden und engagierten Unternehmen aber bald nicht mehr aus und so wurden nach wenigen Jahren neue, eigene Entwicklungen vorangetrieben. Während sich der Mutterkonzern auf den Aus- und Umbau deutscher Basisfabrikate beschränkte, erkannte man in Gera den Markt für ausländische Erzeugnisse, die weitaus kostengünstiger zu produzieren und zu verkaufen waren. So erweiterte man das Produktportfolio um Modellbezeichnungen wie z.B. Maxi Shuttle, City Shuttle, Euroskate und Travelskate überwiegend auf Iveco-, Renault- und Fiat-Basisfahrzeugen und vertrieb diese in Eigenregie. In den Folgejahren wuchs die Firma rasch an und erreichte seinen Zenit bei einer Mitarbeiteranzahl von 150 Angestellten. Gestiegene Produktionskosten bei gleichzeitiger Auftragsstagnation bzw. -rezession führten um die Jahrtausendwende zum schleichenden, wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmens, dass 2004 im eingeleiteten Insolvenzverfahren gipfelte.
Unter dem neuen Namen TS Fahrzeugtechnik GmbH, an einem neuen Standort, einem erweiterten, modernen Maschinenpark und ausgewählten Facharbeiterstamm, die allesamt Spezialisten auf ihren Gebieten sind, führt man seither die Tradition der Busproduktion in Ostthüringen fort…


Quelle: Ihling, Horst: Autoland Thüringen – Gestern und heute. 1.Auflage Stuttgart: Schrader Verlag, 2002